Unter Druckaufträgen nimmt Recyclingpapier einen immer größer werdenden Stellenwert ein. Zu Recht. Denn sein Rohstoff findet sich unter anderem in jenen „blauen Tonnen“, die in vielen Orten am Straßenrand stehen. Die Wiederverwertung von Altpapier dient nicht nur dem Schutz der Umwelt, sie wirkt auch positiv auf die Materialkosten beim Auflagendruck.

Die Zeiten, in denen man Recyclingpapier grundsätzlich mit „rau und hässlich“ gleichsetzte, sind allerdings längst vorbei. Heute umfasst der Oberbegriff Recyclingpapier eine breite Palette von Papieren, denen man ihren Ursprung zum Teil gar nicht mehr ansieht. So existieren Papiersorten, die durch Zusatz von Frischfasern und Aufhellern den Weißgrad von holzfreiem Bilderdruckpapier erreichen. Ob man hier allerdings noch von „echtem“ Recyclingpapier reden kann, sei dahingestellt …

Recyclingpapier: Weiß ist relativ

Recyclingpapier kann zwar wie erwähnt „blütenweiß“ sein, die weitaus meisten Druckaufträge in diesem Segment basieren aber auf Papier, das durchschnittlich nur einen Weißgrad von 70 Prozent erreicht. Manche Papiersorten tendieren farblich auch mehr ins gelbliche oder bläuliche.

Für Mediengestalter, die in der Druckvorstufe die Seiten layouten und farbige Abbildungen beziehungsweise Flächen anlegen wollen, ergibt es sich damit ein Problem: Auf dunklerem oder farbstichigem Papier wirken Farben dunkler oder leicht verschoben. Der Kontrollausdruck aus dem Farblaser- oder Tintenstrahldrucker ist somit alles andere als verbindlich.

Ein weiteres Kriterium ist die Oberflächengüte der gewählten Papiersorte. Denn auch beim Recyclingpapier kann man zwischen gestrichenem und ungestrichenem Papier wählen. Auch gestrichenes Recyclingpapier saugt die Druckfarbe nur etwas auf, Konturen wirken schärfer, selbst dünne Linien bleiben dünn.

Anders bei ungstrichenem Recyclingpapier. Hier macht sich der „Löschblatteffekt“ bemerkbar, Experten sprechen auch vom Druckpunktzuwachs. Wird beispielsweise die Rasterweite bei Halbtonabbildungen oder -fächen nicht auf maximal 60 Linien/cm verringert (bei gestrichenen Offsetdruckpapier sind bis zu 120 Linien/cm möglich), laufen die einzelnen Druckpunkte ineinander, die Abbildung sieht „matschig“ aus. Ähnlich verhält es sich bei zu kleinen Schriftgrößen, auch hier können einzelne Buchstaben ineinanderlaufen.

Kleines Vierfarb-Einmaleins

Während Bildschirme und Displays mit dem additiven Farbmodell (RGB = Rot, Grün, Blau) arbeiten, funktionieren Farbdruckmaschinen nach dem subtraktiven Farbmodell CMYK (Cyan, Magenta, Gelb, Schwarz). Bei RGB werden die Farben addiert und ergeben zusammen weiß. CMYK müsste somit theoretisch übereinander gedruckt ein tiefes Schwarz ergeben, da alle Reflexionen ausgeschaltet (= subtrahiert) werden. Das funktioniert in der Praxis aber nicht, da sich 100 Prozent reine Grundfarben nicht herstellen lassen.

Nun könnte man denken, dass sich durch Übereinanderdruck aller vier Farben letztlich doch eine schwarze Fläche erzeugen ließe, da das Schwarz aller darunterliegenden Farbschichten quasi „begräbt“. Dagegen spricht zweierlei: Erstens sind Druckfarben nicht vollkommen opak (= lichtundurchlässig), zweitens würde sich der Farbauftrag vervierfachen, was zu sehr langen Trockenzeiten und Verschmierungen führen würde.

Druckexperten haben sich deshalb schon vor langer Zeit auf einen Gesamtfarbauftrag von maximal 330 Prozent geeinigt und ein Druckverfahren namens „Under Color Removal“ (UCR) entwickelt. Dabei wird die Druckfarbe Schwarz nur bei neutralen Grautönen bis hin zum reinen Schwarz verwendet. Alle ansonsten darunter liegenden Farbaufträge werden soweit reduziert, dass sich maximal 330 Prozent Farbauftrag ergeben.

Für das Bedrucken von Recyclingpapier – vor allem ungestrichenem – ist UCR ein wichtiger Faktor. Vielfach reicht bereits ein Gesamtfarbauftrag von 260 bis 300 Prozent, um ein hochwertiges Ergebnis zu erzielen.

Umweltaspekte beim Recyclingpapier

Keine Frage, der Einsatz von Recyclingpapier schont wertvolle Ressourcen. So wird im Vergleich zur konventionellen Papierherstellung nur ein Drittel an Wasser und Energie benötigt. Außerdem reduziert die Wiederverwendung von Altpapier wichtige Holz-Reserven. Deshalb auch wurde Recyclingpapier mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ ausgezeichnet. Mit einer Einschränkung: Sobald beispielsweise optische Aufheller und bestimmte Chemikalien zur Qualitätssteigerung im Spiel sind, darf das Umweltsiegel nicht geführt werden. Wer also etwas weniger Weißgrad und Glätte akzeptiert, kann „echtes“ – das heißt mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnetes – Recyclingpapier nutzen.

 

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